Lebensmelodie
Und dann werden alle Masken fallen
Leben nach dem Tod??
Was kommt danach?
Auch wenn mich diese Frage weniger beschäftigt als die Frage nach einem erfüllten, freudvollen Leben vor dem Tod, so ist sie mir vor allem während meiner "Hospiz-Zeit" immer wieder begegnet.
Vielleicht haben Sie sich ja auch schon einmal Gedanken gemacht über das, was wohl nach dem Tod kommt.
Viel Angsteinflößendes ist da in meiner Kindheit im Religionsunterricht vermittelt worden.
Da war die Rede vom Gericht, von Himmel, Hölle und Fegfeuer, von Sündenstrafen und Todsünden.
Und die Art und Weise, wie diese Begriffe ausgelegt wurden, hat so manchen Schaden in der menschlichen Seele angerichtet.
Viel Klärendes und für mich "Stimmiges" habe ich dazu im Buch des bekannten brasilianischen Befreiungstheologen Leonardo Boff mit dem Titel "Was kommt nachher?" gefunden.
Er schreibt:
"Wenn man Himmel sagt oder von der Hölle spricht, bezieht man sich immer auf etwas, dessen der Mensch fähig ist. Die Freiheit des Menschen ist keine Spielerei, sondern ein Risiko und ein Geheimnis, die das absolute Scheitern im Hass oder die radikale Selbstverwirklichung in der Liebe einschließen.
Mit der Freiheit ist alles möglich, der Himmel, aber auch die Hölle.
Solange der Mensch unterwegs ist, sind seine Tage immer Zeit der Umkehr. Umkehr ist das, was die Sonnenblume tut. Sie wendet sich stets nach dem Licht und begleitet die Sonne auf ihrem Weg. Die Sonne ist Gott, der sich in dieser Welt bescheiden und unerkannt in der Gestalt eines jeden Menschen manifestiert, dem wir begegnen.
Wenn wir ständig bereit sind, die anderen anzunehmen, wenn wir uns unentwegt bemühen, uns für ein Du offenzuhalten, wer es auch sei, dann sind wir auf dem Weg des Heils, und der Tod kann uns nichts anhaben...
Im Tod gerät der Mensch in die entscheidendste Krise seines Lebens. Er muss sich entscheiden. Bisher konnte er die Dinge verzögern und sich hinter halbherzigen Maßnahmen verstecken. Jetzt aber hat seine Biologie ihr Ende. Der äußere Mensch zerfällt, um kristallklar bzw. dunkel und schwer den inneren Menschen entstehen zu lassen, der jetzt geboren wird...
Mit der tiefen Intuition des von der Gnade Gottes getränkten Verstandes gewahrt er sich in der Nähe des Geheimnisses Gottes, das ihn bis in die Wurzeln seiner Existenz durchdringt.
Er begegnet dem auferstandenen kosmischen Christus, der die Schöpfung erfüllt, und spürt seine liebevolle und heilende Hand.
Der Mensch sieht sein Geheimnis und das Geheimnis des Absoluten.
Jetzt fallen alle Masken, die bis jetzt unsere Authentizität verhüllten...
Und indem sich der Mensch sieht, spricht er über sich selbst das Urteil und begibt sich an den Ort, der ihm gebührt...
Niemand wird einfach zur Hölle verurteilt. In die Hölle kommt nur, wer sie sich selbst schafft, wer sich für sie entscheidet."
Und es ist nach Leonardo Boff nicht "diese oder jene Tat", die entscheidend ist für das "Danach", sondern unser "Leben als Ganzes".
"Unser Leben ist eine Kette fortlaufender Taten, die in der Mehrzahl doppeldeutig sind, weil der Mensch zugleich gut und böse, gerecht und sündig ist.
Die Taten geben unser Grundprojekt zu erkennen. Wenn wir unsere Taten immerzu wiederholen und uns nie bemühen, uns zu korrigieren, sondern sie sorglos geschehen zu lassen, dann können sie nach und nach unsere Grundrichtung festlegen. Wenn wir indes unser Grundprojekt auf Gott ausgerichtet haben, unsere Lage von Zeit zu Zeit überprüfen und jedesmal, wenn wir entdecken, dass wir auf Abwege geraten, uns zu beherrschen versuchen, dann haben die einzelnen Taten ein geringes Gewicht.
Seine fundamentale und definitive Entscheidung trifft der Mensch im Tod.
Hier überblickt der Mensch noch einmal sein ganzes Leben, versteht Gott und was er bedeutet...und kann auf der Schiene seines früheren Lebens völlig frei Gott ein endgültiges Ja oder ein letztes Nein sagen.
Wie der Mensch im Laufe seines Lebens einen anderen Weg einschlagen und sich bekehren konnte, so wird ihm diese Chance im Tod nicht genommen. Ganz im Gegenteil, sie wird ihm als eine letzte Chance noch einmal voll gegeben...
In der Regel wird es so sein, dass sich der Mensch in seinem Tod ganz für das öffnet oder verschließt, für das er sich im Leben öffnete oder verschloss.
Menschen, die sich ehrlich um Wahrheit und Gerechtigkeit bemühen, obwohl sie Sünder waren und aus Gründen - wer weiß - von Erziehung, schlechten Vorbildern und psychologischen Komplexen fern von Gott lebten, können ihn jetzt sehen und ihm ein definitives Ja sagen"...
Was geschieht wenn ich sterbe
Was geschieht wenn ich sterbe, was kommt auf mich zu
Ist dann alles vorbei, was war
Versinke ich dann in ewiger Ruh`
Oder seh ich dann alles ganz klar?
Ich glaube dass ich mir dann selbst begegne
So wie ich im Innersten bin
Dass ich mich dann ganz auf mich zu bewege
Zur Wahrheit zieht es mich hin.
Ich kann mich dann nicht mehr vor mir verstecken
Werd`alle Fassaden und Rollen entdecken
Mit denen ich mich geschützt
Die ich für mein Ego benützt.
Bin ich mir dann fremd oder werd`ich erkennen
Dass all das zu mir gehört
Werd`ich in der Flamme der Wahrheit verbrennen
Die jede Fassade zerstört?
Ich bräuchte mich doch nur in Liebe umarmen
Vertrauend ins Helle gehen
Das Jenseits erwartet mich voll Erbarmen
Lässt niemand im Feuer stehen.
Verbrenn`deine Ängste vertraue auf Gott
Denn dieses Vertrauen überwindet den Tod.