"Gottes Wege sind vollkommen.
Er ist ein Schild allen, die ihm vertrauen."
Psalm 18,31
Diese Worte habe ich heute morgen auf einem Kalenderblatt gelesen.
Und ich wollte schon mit dem Gedanken darüber hinweggehen: Schöne Worte - aber was haben sie wirklich mit meinem/unserem Leben zu tun. Sind sie hilfreich, tröstlich?
Aber dann bin ich doch etwas länger dabei hängengeblieben.
Gottes Wege? Die Wege, die das Leben mir zeigt, auf die es mich schickt, die es mich gehen lässt?
Ja - es sind nicht die Wege, die mein Ego manchmal gehen möchte, ohne "rückgebunden" (religiös) zu sein an das , was mein Innerstes in mir spricht, was es braucht, um zum großen Ziel des Lebens zu gelangen.
Dieses große Ziel ist für mich: ein innerlich unabhängiger Mensch zu werden, ein liebender Mensch zu werden, ein Mensch, der sich selbst lieben kann, der Liebe empfangen und geben kann, und als höchstes Ziel, ein Mensch, der mit seinem Schicksal - trotz seines Schicksals? - inneren Frieden erfahren kann.
Ja - in diesem Sinn sind Gottes Wege vollkommen - auch wenn sie manchmal meine Lebens-Vor-stellungen, meine Lebensplanung durchkreuzen.
Vollkommen meint ja nicht "perfekt" - im Sinn von super und toll - sondern ganz,
d.h. "Gottes Wege" enthalten alles (wie ein inneres Gesetz?), was ich zur Erreichung meines höchsten Zieles brauche.
Ich muss dazu allerdings immer wieder ganz tief in mich hineinspüren und es mir immer wieder bewusst machen - das Ego mit seinen Bedürfnissen und Abhängigkeiten ist mir da manchmal im Weg.
Und wenn ich das, was das Leben mir "aufgibt", die Wege die es mir zeigt, unter diesem Aspekt sehe, dann wird mein Schicksal zwar wahrscheinlich zunächst nicht anders - aber ich entdecke vielleicht einen anderen Sinn darin. Einen Sinn, der mich gelassener macht, der mich vertrauen lässt.
Und Vertrauen in den Sinn einer Situation macht alles leichter. Ist das dann nicht wie ein Schutzschild?
Ein hoher Anspruch? Ja - ein sehr hoher.
Aber ich meine, es lohnt sich, immer wieder einmal so auf die "Wege" des Lebens zu schauen.
Es schenkt uns eine gewisse Entspannung - und wenn ich entspannt bin, dann gehe ich leichter, dann bin ich offener für das, was mir auf meinem Weg begegnet. Ich bin offener für die Wirklichkeit - die Wirksamkeit des Großen Lebens, des allumfassenden Lebens - und das ist für mich das Göttliche Leben.
Der Liedermacher Horst Bracks hat in vielen seiner Lieder das Mitgehen Gottes auf unseren Lebenswegen ausgedrückt - so z.B. in seinem Lied "Bin unterwegs in meiner Zeit"
Bin unterwegs in meiner Zeit
und ahne staunend was mich hält.
Ist Gott in mir und um mich her?
Ein Raunen rührt mein Lebenszelt:
"Dein erster Atemzug, dein Ende,
der Jahre Lauf und Zeitenwende,
in meinen Händen halt ich deine,
eure, alle Zeit der Welt,
in meinen Händen halt ich deine,
eure, alle Zeit der Welt."
Bist wie ein Licht, mein Gott wie Licht,
das sich in meinem Leben bricht,
selten ein Glanz, oft nur ein Schein.
Auf Schattengrenzen leb ich mein
zerbrechlich, lichtbedürftig Leben.
Dem Sonnenaufgang gilt mein Sehnen.
Manch Finsternis ist Zeit von dir,
ist Raum für Trauer, Angst in mir.
So neu und frisch wie Morgenrot
erweck und wärm mich, Licht von Gott.
Bist wie ein Stern, mein Gott, ein Stern,
manchmal unendlich weit und fern.
Dein Funkeln zieht die Seele an.
Sei mir ein Leitstern auf der Bahn
des Lebens, das mir oft verschwimmt,
oder die Kraft zum Gehen nimmt.
Will ich aus diesen Nächten fliehn,
seh ich dich deinen Himmel ziehn.
Christ ist geborn an deinem Ort.
Beglänz und leit mich, Stern von Gott.
Bist wie ein Wind, mein Gott, wie Wind,
der tost und braust und Wellen türmt.
Wehst mir mit Macht in mein Gesicht.
Neig mich in dich. Mein Gleichgewicht
ist Spiel der Kraft von dir und mir.
Ach, rühr mich an und flüstre mir,
umspiel mich, öffne mir das Ohr
mit zartem Hauch, damit ich hör
ein Wort von dir, voll Hoffnung, Trost,
das meine Zeit befreit, erlöst.
"Sei unterwegs in deiner Zeit
und spüre staunend, wer dich hält.
Ich bin in dir und um dich her.
Mein Raunen rührt dein Lebenszelt.
Dein erster Atemzug, dein Ende,
der Jahre Lauf und Zeitenwende,
in meinen Händen halt ich deine,
eure, alle Zeit der Welt,
in meinen Händen halt ich deine,
eure, alle Zeit der Welt."
Text und Musik: Horst Bracks 9/99
Das Lied zum Mitsingen gibt es auf seiner CD "Erglänze neu, Himmel"