Vor kurzem habe ich gelesen, dass der Zebrastreifen heuer seinen 60. Geburtstag feiert.
Herzlichen Glückwunsch und danke! (Wer weiß, wie oft er mich schon vor dem Überfahren gerettet hat??)
Ein guter Anlass, um meine - etwas schräge - Streifengeschichte hier zu veröffentlichen.
Die Streifen-Familie
Es war einmal ein Streifenhörnchen. Das hüpfte frohgemut von Ast zu Ast, von Baum zu Baum, durchstreifte Wald und Flur.
Aber manchmal fühlte es sich ein bisschen einsam.
Da machte es sich eines Tages auf den Weg in die Stadt.
Neugierig wie es war flitzte es über Dächer, verschwand zwischen Häusern und stand plötzlich vor einer richtigen Straße.
Mit großen Augen beobachtete es, wie kleine Blechhäuser mit Rädern hin und her rollten.
Das muss ich mir genauer ansehen, dachte sich das Streifenhörnchen, und hüpfte ganz nah an die Blechhäuser heran.
Da - was war das!
Plötzlich entdeckte es einen Weg aus lauter Streifen, vor dem die rollenden Blechhäuser anhielten.
Hurra! Ein Weg - extra für mich! Das ist aber ein Service! Woher wussten die Leute, dass ich hierher kommen würde?
Und es machte große Sprünge von einem Streifen zum nächsten.
Plötzlich kam ihm ein großes vierbeiniges Ungeheuer entgegen, und - welch eine Überaschung - auch dieses Fabelwesen war über und über mit Streifen bemalt.
Wer bist du denn? Bist du ein Verwandter von mir? flüsterte das Streifenhörnchen respektvoll und auch ein bisschen ängstlich.
Ich bin ein Zebra, und ich wollte mir mal die Streifen auf der Straße anschauen, die die Leute nach mir benannt haben - die Zebra-Streifen.
Da erstarrte das Streifenhörnchen vor Ehrfurcht.
Sag mal, großes, ehrwürdiges Zebra, wenn du so berühmt bist, dann kennst du dich doch sicher aus in der Welt. Gibt es denn noch andere gestreifte Wesen außer uns?
Aber natürlich! Komm, setz dich auf meinen Rücken. Ich zeig dir welche!
Das klang ein bisschen überheblich und gönnerhaft. Aber das kleine Streifenhörnchen war so stolz, einen so berühmten Verwandten zu haben, dass es ohne zu zögern aufsprang, und gemeinsam galoppierten sie über viele Straßen und Zebrastreifen.
Nach einer Weile kamen sie an ein großes düsteres Haus mit vielen vergitterten Fenstern.
Da drin gibt es viele gestreifte Wesen; aber nur tagsüber - nachts ziehen sie ihre gestreifte Haut aus.
Das möchte ich sehen, rief das kleine Streifenhörnchen aufgeregt.
Aber o jeh, wie sollten die beiden über die hohe Mauer kommen?
Da kicherte das Streifenhörnchen und fühlte sich auf einmal riesengroß und wichtig.
Ich schaff das ganz allein. Stell dich an die Mauer, und ich springe von deinem Rücken aus hinüber.
Hmh, brummte das Zebra. Kann ja leider nicht mitkommen. Meine Sprunggelenke sind ein bisschen eingerostet. Früher, als ich noch jünger war...hmh...
Aber das Streifenhörnchen hörte gar nicht mehr hin.
Danke, großer Freund, dass du mich so schnell auf deinem Rücken hierhergebracht hast und dass du mein Sprungbrett bist.
Und - schwupps - verschwand es hinter der Mauer.
Es staunte nicht schlecht, als es plötzlich viele gestreifte zweibeinige Wesen mit gesenktem Kopf im Kreis herumgehen sah.
Seid ihr auch Verwandte von mir? fragte es mit piepsiger Stimme.
Da gingen alle Köpfe hoch und einer rief voll Freude: Oh, ein Streifenhörnchen. Was für ein possierliches Tierchen!
Und jeder wollte es streicheln und auf den Arm nehmen.
Wie freute sich da das Streifenhörnchen. Hier war seine Familie, hier fühlte es sich wie zu Hause. Und es beschloss, bei diesen gestreiften Wesen zu bleiben.
Alle spielten mit ihm, küssten und herzten es und bekamen dabei ganz helle Augen.
Das kleine Steifenhörnchen war glücklich.
Und dass die zweibeinigen gestreiften Wesen nachts ihre Streifenhaut ablegten, das machte ihm überhaupt nichts aus.