Lebensmelodie und Gebet
In meiner Lebensmelodie spielt das Gebet eine wichtige Rolle - zumindest seit einigen Jahren.
Meine "Gebetsleben-Melodie" ist manchmal ruhig, sanft, begleitend, tröstend, ermutigend, lebensfroh - manchmal holprig und ausdruckslos - eben so, wie das Leben gerade spielt.
Dazu ein Gedanke von David Steindl Rast
"...Das Gebet ist keine Bestellung, die wir aufgeben und von der wir erwarten können, dass sie ausgeführt wird..
Es geht nicht darum, was unser Gebet bei Gott bewirkt, sondern wie wir selbst durch die Begegnung mit Gott im Gebet verändert werden."
Und von Mahatma Ghandi
"...Ein Mensch des Gebetes ist im Frieden mit sich und der ganzen Welt; ein Mensch, der ohne Gebet im Herzen an die Dinge dieser Welt herangeht, ist bedauernswert und wird auch die Welt in einen bedauernswerten Zustand bringen...
Gebet ist das einzige Mittel, um Ordnung, Frieden und Ruhe in unser tägliches Handeln zu bringen...
Mache dir keine Gedanken über die Form deines Gebets. Sie kann beliebig sein,
doch sollte sie uns zur Gemeinschaft mit dem Göttlichen führen.."
Ob es nun das Gebet mit (eigenen oder vorgegebenen) Worten ist, oder das Gebet der Stille, das "Herzensgebet" oder das "Körpergebet", oder...??? , das "zur Gemeinschaft mit dem Göttlichen" führt - das kann nur jeder für sich selbst herausfinden. Ich "bediene" mich verschiedener Formen - brauche mal das, mal jenes. Gott sei Dank gibt es auch hier die Vielfalt, die zu meiner Lebensmelodie gehört.
Über einige Gebetsformen werde ich auf dieser Seite schreiben.
Zuerst eine kleine Weisheitsgeschichte, aufgeschrieben von Anthony de Mello:
Der Ballettbeter
Der Meister saß mit seinen Schülern unter den Zuschauern.
Er sagte: "Ihr habt so manches Gebet gehört und so manches Gebet gesprochen.
Heute abend sollt ihr ein Gebet sehen."
In diesem Augenblick hob sich der Vorhang, und das Ballett begann.
Ein Derwisch wurde gefragt, warum er Gott im Tanz anbete.
Er erwiderte: "Gott anzubeten heißt, gegenüber seinem Ich zu sterben; tanzen tötet das eigene Ich.
Wenn das Ich stirbt, sterben alle Probleme mit ihm.
Wo das eigene Ich nicht ist, ist Liebe, ist Gott."
Lieder und Texte, die Himmel und Erde miteinander verbinden, begleiten und unterstützen meine Lebensmelodie, wie z.B. das Lied von Horst Bracks "Erglänze neu, Himmel" nach der Melodie "Erfreue dich Himmel" (im Gotteslob, einem Kirchengesangbuch, zu finden).
Singen am Morgen kann so manche "Dämonen" vertreiben. (CD-Player einschalten, und los gehts!)
Hier der Text:
Erglänze neu, Himmel und wandle dich Erde,
berühret einander und gebt Gott die Ehre.
Behutsam begreifen, am Horizont sehen
den Raum der Verheißung, voll Fülle und Leben.
Ihr Menschen voll Sehnsucht und Lust nach mehr Leben,
für euch wird der Himmel sich öffnen und regnen,
dass Quellen entspringen und Brunnen sich füllen,
mit Wasser des Lebens den Seelendurst stillen.
Erfrischt euch, beschenkt euch mit Worten und Gesten
und öffnet die Arme zum Halten und Trösten.
Nach Zeiten des Schweigens "Ich liebe dich" sagen,
und Gott als die Quelle der Liebe erfahren.
Berührt euch mit Blicken, von Lächeln begleitet.
In zärtlichem Charme wird die Liebe sich zeigen,
wie Blüten sich öffnen und Knospen entfalten,
und Gott wird sie bergen, beschützen und halten.
Ertastet, begreift Gott mit all euren Sinnen,
der Himmel steht offen und Glück wird beginnen.
Den Armen das Recht auf gelingendes Leben,
dann werden sich Himmel und Erde begegnen.
...
Das Lied der Erlösten, Befreiten soll klingen.
Die Freude will tanzen, vor Leichtigkeit springen.
So wird Gottes Himmel die Erde berühren,
und ihr werdet Leben, Lebendigkeit spüren.
Das Rosenkranzgebet
Ein Gebet für alte Frauen, die die Texte nur "herunterleiern"?
So habe ich früher auch gedacht.
Inzwischenhabe ich das Rosenkranzbeten schätzen gelernt.
Was ist das für ein Gebet?
In 5 mal 10 Ave Maria werden die "Geheimnisse" des Lebens Jesu erinnert, verinnerlicht.
"Geheimnisse" deswegen, weil sich hinter ihnen die jesuanische, christliche Botschaft verbirgt.
Was da erzählt wird vom Leiden, Sterben, Auferstehen, vom Reich Gottes unter uns, vom unerschütterlichen Ja eines Menschen zu dem, was sein Innerstes ihm offenbart und aufträgt, geht jeden von uns an, weil jeder sich in seinem Leben - und auf seine Weise - auch damit auseinandersetzen muss.
Zugegeben - mit einigen "Rosenkranzgeheimnissen" habe ich meine Probleme. Es sind die, die mich an kirchliche Dogmen erinnern. Da versuche ich dann, den dahinterliegenden tieferen Sinn zu erspüren oder sie einfach so stehen zu lassen. Manchmal lasse ich sie auch weg und finde meine eigenen Gedanken zum Leben Jesu.
Mir als "Vieldenkerin" hilft das Rosenkranzgebet jedenfalls. Es bringt mich zur Ruhe. Es bindet meine herumschweifenden Gedanken an etwas Größeres, an etwas, das mein Ego überschreitet, transzendiert. Und das befreit mich - zumindest zeitweise - aus meiner Gedankenmühle.
Beim Beten des Rosenkranzes öffnet sich unser Geist für das, was Jesus und Maria uns durch ihr Leben mitgeteilt und geschenkt haben.
Indem wir das Leben Jesu meditieren, kann in uns ein Gefühl der Verbundenheit mit ihm wachsen. Und aus dieser Verbundenheit fließt Kraft in unser Leben.
Es gibt verschiedene Rosenkranzgebete.
Mit den folgenden Gedanken, umrahmt von jeweils 10 "Gegrüßet seist du Maria" könnte man z.B. einen "Versöhnungsrosenkranz" beten:
Jesus, der jeden von uns bedingungslos liebt
Jesus, der uns von jeder Schuld befreit
Jesus, der uns hilft, erlittenes Unrecht zu verzeihen
Jesus, der uns versöhnt mit Gott und den Menschen
Jesus, der uns den inneren Frieden schenkt
(Der eigenen Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt)
Das Herzens-Gebet - auch Jesus-Gebet oder Ruhe-Gebet genannt
Man wiederholt im Einklang mit dem Herzschlag oder dem Atem unablässig:
"Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner", oder "Jesus, Sohn Gottes, erbarme dich unser".
Nicht nur die Versenkung in Gott wird durch diese ständige Anrufung des Namens Jesu gefördert, sondern auch die Empfindung von Frieden und Versöhnlichkeit gegenüber allen Menschen.
Zeit zum Gebet
(von Addie Dodds in "This England" aus dem Engl. von Ursula Joerges)
Eines Morgens stand ich auf recht früh
und nahm den Tag geradewegs im Flug
ich hatte so unendlich viel zu tun
zum Gebet war da nicht Zeit genug
Probleme purzelten daher gleich haufenweise
schwieriger wurden sie von Mal zu Mal
"warum hilft Gott mir nicht?" trieb es mich um
er hielt mir entgegen "du fragst nicht drum"
Ich wollte nur Schönheit erleben und Freude
doch der Tag zog verhangen sich hin und grau
ich fragte verwundert, warum Gott mir den Weg nicht zeigte
"du hast nicht gesucht", sagte er, schau
ich suchte mich in seine Gegenwart zu drängen
ich drehte alle verfügbaren Schlüssel im Schloss
Gott aber ließ freundlich und lieb mich trotzdem hängen
"mein Kind du hast nicht angeklopft"
heute morgen wachte ich auf recht früh
und hielt jetzt inne bevor ich den Tag anfing
ich hatte so unendlich viel zu tun
ich musste die Gebets-Zeit finden zu Beginn
Morgenmeditation
(aus dem Meditationsbuch "Für heute")
Jeder Tag wird ein besserer Tag, wenn ich ihn mit einem Gespräch mit meiner Höheren Macht, dem Göttlichen in mir, beginne.
Ein Beispiel für eine Morgenmeditation wäre:
Gott, ich übergebe Dir heute mein Leben, meinen Willen, meine Liebe. Ich bringe Dir diesen Tag dar und hoffe, dass er Deiner Liebe würdig ist. Bitte leite und beschütze mich, meine Familie, deren Familien und alle Freunde. Leite und schütze auch die, gegen die ich Groll hege, und hilf mir, ihnen zu vergeben. Hilf allen, die Trost und Freundschaft brauchen. Mögen meine Familie und ich bei guter Gesundheit bleiben, und möge ich bei meiner Arbeit mein Bestes geben, tüchtig, klug, ausdauernd, tolerant und kraftvoll. Ich bin so dankbar für alles, was das Leben mir gibt.
Meditation
Mit ganzem Herzen etwas tun
ist tätig sein und trotzdem ruh`n
Gebet und Arbeit ist`s in einem
es hilft den Menschen zu vereinen
in seiner Mitte, seinem Sein
hier bin ich ruhig, bin daheim.
Mit ganzem Herzen etwas tun
ist, in der eignen Mitte ruh`n.
Das Gebet für andere
Dazu ein paar Gedanken aus einer Radiosendung über George Bernard Shaw
Im Gebet verspürte Shaw nicht so sehr eine religiöse sondern vielmehr eine geistige Hilfe.
Warum er das Beten in diesem Sinn über alles schätzte, schreibt er in einem Brief an Laurentia, die Äbtissin eines Benediktinerinnenklosters in Dublin, mit der ihn eine innige Freundschaft verband:
Ich habe nichts dagegen, wenn man für mich betet.
Wenn ich mit meinem Radioapparat spiele, wird mir klar, dass alle Klänge der Welt in meinem Zimmer sind, denn ich fange sie auf, je nachdem, wie ich den Knopf bewege - deutsche, französische, italienische und unbekannte Laute. Der Äther ist auch voller Gebete und ich nehme an, dass, wenn ich Gott wäre, ich mich auf alle einstellen könnte. Niemand kann sagen, welchen Einfluss diese Gebete haben. Wenn der Äther voller Kräfte des Wohlwollens für mich ist, umso besser für mich. Es wäre erschreckend unwissenschaftlich, daran zu zweifeln. Lassen Sie daher die Schwestern alle Gebete, die sie erübrigen können, mir zuwenden und vergessen auch Sie mich nicht in den Ihren.
Aus der Fülle meiner Sammlung zum Thema "Gebet" nun nur noch das
Gebet des Apfels
(VerfasserIn ist mir leider nicht bekannt)
Herr ich häng an diesem Ast
wohin du mich gegeben hast
nur eines ist`s wonach ich heische
Herr nimm den Wurm aus meinem Fleische
dass meines Kerns Gewand nicht leide
dann glänzt auch meine Haut wie Seide
und ich schmeck Kindern Herrn und Damen
dazu bin ich geschaffen. Amen