In jeder Lebensmelodie gibt es auch Dissonanzen.
Manchmal braucht es dann Schritte der Versöhnung, damit es wieder harmonisch weitergeht.
Im ImPuls 4/2010 habe ich mich mit dieser schwierigen, aber heilsamen spirituellen "Arbeit" beschäftigt.
"Versöhnung schenkt Frieden und Heilung"
Zu Beginn der schöne Text eines Liedes von J. Werth
So ist Versöhnung
Wie ein Fest nach langer Trauer, wie ein Feuer in der Nacht,
ein offnes Tor in einer Mauer, für die Sonne aufgemacht,
wie ein Brief nach langem Schweigen, wie ein unverhoffter Gruß,
wie ein Blatt an toten Zweigen, ein "Ich-mag dich-trotzdem-Kuss".
So ist Versöhnung. So muss der wahre Friede sein.
So ist Versöhnung. So ist Vergeben und Verzeihn.
Wie ein Regen in der Wüste, frischer Tau auf dürrem Land,
Heimatklänge für Vermisste, alte Feinde Hand in Hand,
wie ein Schlüssel im Gefängnis, wie in Seenot "Land in Sicht",
wie ein Weg aus der Bedrängnis, wie ein strahlendes Gesicht.
So ist Versöhnung....
Wie ein Wort von toten Lippen, wie ein Blick, der Hoffnung weckt,
wie ein Licht auf steilen Klippen, wie ein Erdteil neu entdeckt,
wie der Frühling, wie der Morgen, wie ein Lied, wie ein Gedicht,
wie das Leben, wie die Liebe, wie Gott selbst, das wahre Licht.
So ist Versöhnung....
Versöhnung - der Weg in ein gutes Leben
Wir alle wünschen uns ein gutes Leben.
Die Voraussetzung dafür ist ein versöhntes Leben.
Doch es fällt uns oft schwer, uns zu versöhnen.
Seelische Verletzungen - auch wenn sie schon viele Jahre zurückliegen - schmerzen immer noch, Groll hat sich in uns eingenistet, Konflikte, die nie ausgesprochen und geklärt wurden, belasten unsere Beziehungen. Und vielleicht ist aus der Traurigkeit darüber eine Depression oder eine andere schwere Krankheit entstanden.
Was hilft uns dabei, den Weg der Versöhnung und damit der Heilung zu gehen?
In den letzten Jahren wurde die Bedeutung eines versöhnten Lebens für die seelische und körperliche Gesundheit ausgiebig erforscht. Psychotherapie und gute Bücher zu diesem Thema machen Zusammenhänge bewusst und zeigen Schritte auf diesem schweren Weg.
Der direkteste Weg ist für mich persönlich aber der Weg über und mit Jesus Christus geworden. Deshalb spielt in diesem "ImPuls" das Gebet eine große Rolle. Jesus ist für mich in den letzten Jahren mehr und mehr zum inneren Begleiter und "Ansprechpartner" geworden, vor den ich alles bringen kann und den ich um Hilfe und Führung bitte, wenn ich in Gedanken und Programmierungen gefangen bin, die mein Leben behindern. Aus eigener Kraft bin ich nicht imstande, mich mit allem, was in meinem Leben geschehen ist, wirklich zutiefst auszusöhnen.
Aber wenn ich mich öffne für die göttliche Dimension, dann werden mir neue, heilsame Wege gezeigt, das habe ich immer wieder erfahren können. Mein Leben ist dadurch leichter und freier geworden.
Und in diesem Sinne wünsche ich jedem, dass er einen/seinen Weg in ein gutes Leben findet.
Versöhnung und Heilung durch die Kraft des Gebetes
Jesus Christus
du bist in die Welt gekommen
um uns von der Liebe Gottes zu erzählen
um uns miteinander
und mit Gott - dem Leben - zu versöhnen
wir tun uns oft so schwer mit Liebe und Versöhnung
immer wieder handeln wir - bewusst oder unbewusst -
gegen die Liebe
und verletzen so uns selbst und andere
unsere Eltern unsere Kinder
unsere Geschwister Partner Freunde
wir lieben uns selbst oft zu wenig
und können deshalb Liebe nur ungenügend
empfangen und weitergeben
viel unnötiges Leid entsteht dadurch
viel Lebenskraft wird dadurch vergeudet
wir legen nun all das
was wir uns selbst und anderen schuldig geblieben sind
in deine Hände
in deinen Geist
du kannst es wandeln
du kannst es heilen
im "Vater unser" lehrst du uns beten
"vergib uns unsere Schuld
wie auch wir vergeben unseren Schuldigern"
wir tun uns oft so schwer mit dem Vergeben
der Schmerz der Verletzungen steht zwischen uns
sei du die Verbindung zwischen unseren Herzen
dann kann die Liebe wieder fließen
die Liebe nach der wir uns alle so sehnen
die wir so nötig brauchen
Jesus Christus
du hast uns die Botschaft
von der bedingungslosen Liebe Gottes gebracht
du hast sie mit deinem Leben bezeugt
sende deinen Geist
den Geist der Wahrheit und der Liebe
in unsere Herzen
damit wir erkennen
dass keine Schuld und kein Versagen
uns von der Liebe Gottes trennen kann
dass alles was wir vertrauensvoll vor Gott bringen
vergeben und erlöst ist
aus dieser vergebenden erlösenden Liebe heraus
können wir immer wieder neu leben und handeln
dankbar und in Freude
Versöhnung und Heilung
Aussöhnung mit den Eltern lässt die Lebenskraft in uns wieder fließen
Bert Hellinger, bekannt geworden durch das sog. Familienstellen, schreibt in seinem Buch "Anerkennen, was ist" "...dass wir ohne Aussöhnung mit den Eltern auch das Gute, das von ihnen kommt oder gekommen ist, nicht mehr sehen und nehmen können. Wir schneiden uns dadurch selbst von der Lebenskraft ab, die durch unsere Vorfahren in uns einfließen könnte. Und das erzeugt oft ein Gefühl von Leere und Depressivität..."
Schade
Für Hellinger geschieht Aussöhnung und damit verbundene Heilung nicht in erster Linie durch Herauslassen von Wut und Schmerz. Das bringt für ihn nicht die gestörte Beziehung in Ordnung. Er schreibt: "Ganz tiefen Schmerz gemeinsam mit dem Vater oder der Mutter empfinden, das heilt. Das kommt für mich in dem Wort zum Ausdruck: Schade - einfach schade...Dieses Schade ist wertvoll. Da wird nichts wegoperiert. Vielmehr ist dieses Schade eher wie eine lebendige Kraft, die jetzt im guten Sinne wirken kann."
"Gewaltfreie Kommunikation" schafft Frieden
Eine große Hilfe für eine Kommunikation, die zu echter Heilung und Aussöhnung führt , ist die sog. Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg. In seinem Buch "Den Schmerz überwinden, der zwischen uns steht" zeigt er Schritte auf, die uns in die Lage versetzen, in konfliktbelasteten Beziehungen Versöhnung zu stiften. Ehrlichkeit, Empathie, Respekt und Zuhörenkönnen, aber auch das Wahrnehmen der eigenen Gefühle und Bedürfnisse stehen dabei im Vordergrund.
M. Rosenberg engagiert sich in vielen Krisengebieten unserer Erde in Seminaren und Meditationen für den Frieden der Welt.
Radikale Vergebung - ein Transformationsprozess
In seinem Buch "Ich vergebe - der radikale Abschied vom Opferdasein" unterscheidet Colin C.Tiping zwischen herkömmlicher und radikaler Vergebung. Die radikale Vergebung ist viel tiefgreifender. Sie lässt uns die schwierige Situation aus einer anderen Perspektive und in einem größeren Zusammenhang sehen und kann ebenso wie Gebet und Meditation unsere Schwingung stark erhöhen. Dadurch kann sich auch unsere körperliche Verfassung und damit ein Krankheitsverlauf in kürzester Zeit zum Positiven hin verändern.
"...Stellen Sie sich das Bewusstsein als eine Schwingung vor. Unsere Schwingung wird automatisch niedriger, wenn wir in Furcht sind, Ärger und Groll in unserem Sein festhalten, uns als Opfer fühlen und unsere Energie in der Vergangenheit blockieren. Für die meisten Menschen ist dies das vorherrschende Bewusstsein. Die Erhöhung der Schwingung durch Gebet und durch radikale Vergebung kann den körperlichen Zustand eines Menschen in Tagen, statt in Jahren umkehren."
Colin bezeichnet die radikale Vergebung als spirituellen Transformationsprozess.
Es geschieht dabei der Sprung auf eine höhere Bewusstseinsstufe, oder anders ausgedrückt - in ein gläubiges Vertrauen und in die Erkenntnis, dass wir manchmal nur über schmerzhafte Erfahrungen zu Liebe und Frieden in uns finden können und dass die schwierigsten Situationen und Menschen dabei unsere größten Lehrmeister sein können.
( s. auch "Loslassen von Verletzungen" oder "Vergebungs-Übung" von Siegfried Essen auf www.siegfriedessen.com)
( s. auch "Was kränkt, macht krank" auf Seite 58)
Das Gebet der Stille ist eine große Hilfe auf diesem Weg der Wandlung. In der Stille des Herzens können Vertrauen und Frieden in uns wachsen. Und unsere Sichtweise verändert sich.
Edith Stein sagt:
"Wer gesammelt in der Tiefe lebt, sieht auch die kleinen Dinge in großen Zusammenhängen" - und wie ich meine, auch die schwierigen.
Versöhnung und Heilung durch die Kraft des Gebetes
"...Das Gebet ist keine Bestellung, die wir aufgeben und von der wir erwarten können, dass sie ausgeführt wird...
Es geht nicht darum, was unser Gebet bei Gott bewirkt, sondern wie wir selbst durch die Begegnung mit Gott im Gebet verändert werden."
David Steindl-Rast
Gebete öffnen uns für eine andere Dimension - für die "Gedanken Gottes" - und können so Gedanken der Bitterkeit, des Grolls verwandeln oder auslöschen und damit Wunden heilen und Frieden stiften.
Sie sind eine große Hilfe im Versöhnungsprozess, der manchmal viel Geduld und Achtsamkeit braucht. Und wir können sie jederzeit "anwenden", wenn unversöhnte Gedanken ins uns auftauchen - wie eine "Medizin" für die Seele.
Versöhnungsgebete
"Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern."
Jesus Christus, viele seelische Verletzungen habe ich mir im Lauf meines Lebens zufügen lassen. Ich übergebe dir all den Schmerz und die Traurigkeit, die dadurch in mir entstanden sind. Hilf du mir, mich mit allen auszusöhnen, die mir bewusst oder unbewusst Schaden zugefügt haben. Amen
Jesus Christus, vielen Menschen bin ich etwas schuldig geblieben, ja ich bin an ihnen schuldig geworden. Bitt gib mir die Kraft und den Mut, meine Schuld wieder gutzumachen und persönlich oder, wo das nicht mehr möglich ist, in Gedanken und Gebeten um Vergebung zu bitten. Amen
Sich selbst vergeben
Manchmal brauchen wir selbst am meisten Vergebung und Aussöhnung. Wir können es uns einfach nicht verzeihen, Fehler gemacht zu haben, versagt zu haben, anderen geschadet zu haben.
Jesus hat uns Gott als den "barmherzigen Vater" nahegebracht.
Alles ist vergeben, was wir bereuend vor ihn hintragen. Aber wir können das manchmal einfach nicht glauben und bleiben so in unserer Schuld gefangen.
Jesus Christus, wecke und stärke in mir das Vertrauen in Gott als den "barmherzigen, liebenden Vater", so dass ich befreit von allen Gefühlen der Schuld leben kann. Amen
Aussöhnung mit dem eigenen Leben
Mit so vielem in unserem Leben sind wir nicht einverstanden. Enttäuschungen, Verluste, Misserfolge haben dazu geführt, dass wir mit unserem Schicksal hadern, dass der Geist der Unzufriedenheit in uns wohnt. Das hindert uns daran, das Gute, das es in unserem Leben auch immer wieder gibt, zu sehen und dafür zu danken.
Jesus Christus, schenke mir den Geist der Zufriedenheit mit meinem Leben.
Hilf mir, dass ich Ja sagen kann zu meiner Vergangenheit.
Wecke in mir das Vertrauen, dass das, was war, seinen Sinn hatte. Amen
Dankgebet
Barmherziger, liebender, lebenschaffender göttlicher Geist.
Du gibst mir die Kraft zur Versöhnung und schenkst mir deinen Frieden.
Dafür danke ich von ganzem Herzen. Amen
"Loslassen zu können
ist das größte Geschenk der Welt"
Aus einem Interview mit der Schauspielerin Jana Pallaske (Jg79)
...
Was loslassen?
Groll. Das ist Gift für den Körper. Für das Herz, den Kopf. Groll vergiftet die Gedanken, macht kaputt, verbittert, verspannt. Loslassen zu können ist das größte Geschenk der Welt. Für die Disziplin, das zu schaffen, zu vergeben, kämpfe ich. Aber es ist gar nicht so schwer, wenn man es ausprobiert und merkt, wie gut es tut.
Musst du oft vergeben?
Ja, aber wer denn nicht? Das Leben ist eben nicht nur Zucker. Und ich weigere mich, verbittert zu werden. Auch wenn das kleine Herz schon oft fies gebrochen wurde und man zwischendurch in einer Kühltruhe leben wollte, um die Gefühle einzufrieren. Ich stürze mich immer wieder mit kochendem Herzblut in neue Lieben und Projekte.
Das Leben ist ein ständiger Tanz auf der Rasierklinge. Aber ich würde es nie anders leben, auch wenn ich am Ende gelitten habe.
"Wirf dein Herz über die Mauer -
und spring hinterher"
Die Mauer um das Herz
(von Hans Albert Höntges)
Irgendwann muss jeder mit der Versuchung fertig werden, eine Mauer um sein Herz zu bauen, die das Herz schützen soll vor den Verwundungen des Lebens. Irgendwann ist jeder so enttäuscht: Von einer Liebe - von einer Freundschaft - von einem Urteil, das über ihn gesprochen ist - von den Grenzen seiner Möglichkeiten - von seinen Misserfolgen - enttäuscht, einfach von sich selbst, dass er sich am liebsten zurückziehen möchte. - Aber wohin?
In sich selber, wo er seine Ruhe hat, wo er nicht enttäuscht und betrogen wird, in die schützende Dunkelheit hinter der Mauer, die er um sein Herz bauen will?...
Gewiss, wer nichts riskiert, wird nicht enttäuscht. Aber unmerklich wird sein ganzes Leben zur Enttäuschung. Denn wir vermögen es nicht , eine solche Mauer um unsser Herz zu bauen, die uns nur vor dem Schlimmen schützt. Wir können nur eine solche Mauer bauen, die alles von uns fernhält:
Mit dem Schmerz auch die Freude - mit den Abneigungen auch alle Zuneigungen - mit den Enttäuschungen auch alle Hoffnungen - mit den Qualen auch alle Lust!
Was ist das für ein Preis?
Ohne Kelter gibt es keinen Wein. Wir sind traurig, wenn uns das Leben in die Kelter wirft.
Aber ohne Kelter vertrocknen wir wie achtlos liegengebliebene Trauben - und diese Traurigkeit ist endgültig. -
Wenn ich alles Unkraut vermeiden will, muss ich den Acker betonieren.
Aber wo wächst dann der Weizen?
Reinhold Schneider hat aus der Erfahrung seines eigenen Lebens einmal den Satz geschrieben:
"Je reicher ein Leben ist, umso größer ist seine Verwundbarkeit."
Wieviel Trost liegt in dieser Einsicht für den, der seiner Verwundbarkeit inne wird. Nicht nur die Verwundbarkeit spüren, sondern damit auch den Reichtum des Lebens.
Verzeihen - befreien
mir selbst und andern verzeihen
heißt mich und andre befreien
von einer Last die niederdrückt
wir gehen oftmals nur gebückt
und können den Himmel nicht mehr sehen
komm lass uns wieder aufrecht gehen
dich selbst und andre befreien
dir selbst und andern verzeihen